Horn  
         
 
 
     
 
100 Tote
 
         
 
Inschrift
"1914 - 1918
Gut und Blut für Volk und / Freiheit geben / Nenn die Tat, die sich der /
Tat vegleicht! / Dieser Stein ist treuer Heimat Dank."
 
 
 
Ikonografie und Ikonologie

Die Symbolik des Denkmals ist relativ simpel; der "Schlafende Löwe" stellt die Personifizierung der Nation/ des Vaterlandes dar. Nach dem verlorenen Krieg war die Nation nicht untergegangen, sondern wartete auf die Erweckung in alter Kraft und Herrlichkeit. Für die "Väter" des Horner Denkmals sollte dies geschehen, wenn die Nation wieder einig wäre ("Einigkeit macht stark"). Dann würde die Nation wieder zu ehemaliger Kraft zurückfinden und in der Lage sein, den Ausgang des Krieges, den Versailler Vertrag, die Revolution usw. zu revidieren. Wir haben es also mit einem Denkmal zu tun, das für militärischen und politischen Revanchismus steht. Es ist auch demokratiefeindlich, da demokratische Meinungsvielfalt als "Uneinigkeit" empfunden wurde.
Der "Schlafende Löwe" ist keine originäre Erfindung des Bildhauers Robert Henckel aus Horn. Es existieren und existierten in Deutschland einige von ihnen. Besonders nach den Vereinigungskriegen 1864 - 1871 waren "Schlafende Löwen" als Denkmal stark nachgefragt. Robert Henckel kannte sicher die nächstgelegenen Exemplare in Münster (1831) und Dortmund (1869).
Der erste "Schlafende Löwe" ziert das von Karl Friedrich Schinkel 1824 entworfene Grab des preußischen Generals Gerhard von Scharnhorst auf dem Invalidenfriedhof in Berlin.

 

 
 

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Geschichte

Das Denkmal ist am 27.5.1923 eingeweiht worden. Die Planungsphase war aufwendig und lohnt hier geschildert zu werden:
Bereits im November 1921 machten sich Teile der Horner Bevölkerung Sorgen, dass Horn bei der Errichtung eines Kriegerdenkmals zu den Abgehängten gehöre und rief nach der Obrigkeit. Am 3.12.1921 erreichte die Stadtverwaltung ein Schreiben des "Einheitsverband deutscher Kriegsbeschädigter und -Hinterbliebener Gau Lippe Ortsgruppe Horn" folgenden Inhalts:

"Horn, 26.11.21
In unserer letzten Monatsversammlung wurde u.a. die Kriegerdenkmalsfrage besprochen und all gemein gerügt, daß Horn in dieser Angelegenheit sozusagen an letzter Stelle steht. An allen Orten fast, ist ein Denkmal errichtet und es wird von den Kriegsopfern bitter empfunden, daß mann [sic!] hier in Horn von der ganzen Sache kaum was hört. Es wurde beschlossen, den Magistrat zu ersuchen, Schritte in die Wege zu leiten, daß auch hier in Horn die Sache weiter komme.
Der Vorstand"

Auch wenn die Darstellung, was Lippe insgesamt betrifft, übertreibt, ist zu konstatieren, dass Horn im lippeweiten Kriegerdenkmalswettbewerb ins Hintertreffen geraten war. Es existierten bereits eine beträchtliche Anzahl an Kriegerdenkmälern. Am Thema dran war zwar seit geraumer Zeit in Horn ein "Ausschuß zur Errichtung eines Denkmals für die im Kriege Gefallenen", der allerdings mit einer außerordentlichen Gründlichkeit die ganze Sache anging. Mitglieder im Ausschuß, den die Horner ihr Kriegerdenkmal zu verdanken haben, waren:

Der Gesangverein "Gem. Chor" (Carl Capelle, Weveler)
Der Gesangverien "Die Glocke" (G. Felbrich, Karl Lückermann)
Der Gesangverein "Waldeslust" (Fr. Helbert)
Der Gesangverein Harmonie"
"Turnverein" (Schnittger, Reineke, Heerde, G. Mörs))
"Sportklub" (H. Gülich, R. Fellensiek, Aug. Koch)
" Verein d. alten Schützen" (Ratsherr Meierjohann)
"Verein d. jungen Schützen" (Fritz Dreier, Alb. Mörs, Krietenstein)
"Kirchenvorstand" (Pastor Niedermeier, Pastor Brinkmeier, Bruns)
"Frauenverein" (Pastor Niedermeier)
"Bund der Kriegsgeschädigten" (Konr. Matthens)
"Krieger- und Landwehr-Verein Horn in Lippe " (Lükermann, H. Krome, Geise)
"Verkehrsverein" (W. Tille)
"Magistrat" (Bürgermstr. Spelge, Ratsh. Potthoff, Ratsh. Meier Ratsh. Geise)
"Von der Stadtversammlung" (Stadtr. Vorst. Stecker, Wülken, Tölle, Ch. Fellensiek, Potthoff)

Beim Betrachten dieser Liste bürgerlicher Vereine, Honorationen und Kommunalpolitikern fällt auf, dass der "Bund der Kriegsgeschädigten", den wir ja als Beschwerdeführer kennengelernt haben, Mitglied des Ausschusses war und mithin über den Stand der Dinge genaustens informiert war. Die Beschwerde erscheint so unerklärlich, lief doch bereits im November 1921 seit geraumer Zeit ein vom Ausschuß ausgeschriebener Künstlerwettbewerb. Dessen "Sieger" sollte vom Ausschuss am 21. Dezember 1921 entschieden werden. Vorausgegangen war ein aufwendiges Auswahlverfahren:
Die eingereichten Entwürfe lagen dem Ausschuß bereits seit dem 2.9.1921 vor. Dieser beschloß jedoch am 21.12.1921 keinen der Entwürfe voll und ganz zu berücksichtigen. Der Entwurf mit Namen "Abschied" von Viktor H. Seifert aus Berlin, fand noch am meisten Gefallen. Man beschloß beim Künstler in Berlin anzufragen, "wie hoch[sich] der Preis des Ankaufs seines Entwurfs beläuft und ob derselbe eine Abänderung des Entwurfs den Wünschen des Ausschusses gemäß vornehmen kann, falls dieselbe in künstlerischer Hinsicht zulässig sind, ferner wie hoch sich der Preis der Herstellung beläuft?" Sollte der Berliner Künstler die Fragen zum Wohlwollen des Ausschußes beantworten, sollte der überarbeitete Entwurf "ausgestellt und einer Volksversammlung vorgestellt werden." Das Urteil des Ausschußes beruhte allerdings nicht nur auf eigenes Urteilsvermögen; man hatte nämlich alle eingereichten Entwürfe nach Weimer an die "Staatliche Hochschule für bildende Kunst ... zur Prüfung" gesandt, um eine völlig unparteiische Entscheidung treffen zu können." Diese urteilte:
"Was zunächst die Platzfrage betrifft, so wurde der Platz wie auf der Lageplanskizze angegeben, also auf dem alten Friedhofe vor den beiden Linden, für sehr geeignet gehalten.
Von den eingereichten Skizzen konnte keine als besonders günstige und schöne Lösung bezeichnet werden, ... Sollte der Entwurf Abschied gewählt werden, so müßte die Urne in wegfall kommen."
An dem Ausschreiben hatten sich neben Kunstbildhauer Viktor H. Seigert drei weitere Künstler beteiligt:
Hartwig Bornemann, akad. Bildhauer aus Detmold; eingereichter Entwurf "Sarkophag".
Karl Meier, Lehrer aus Lemgo; eingereichter Entwurf "Der Feldgraue".
Robert Henkel, Bildhauer aus Horn, mit 6 [sic!] eingereichtern Entwürfen "Kriegerehrung Horn".
Schlußendlich beschloß der Denkmalsausschuß am 21.12.1921 eine neue Ausschreibung vorzunehmen: "Die mit einem Stichwort versehenen Entwürfe [sollten] bis einschließlich 15. Februar d. Js. [1922] an Herrn Apotheker Neumann" eingereicht werden. ... Als Platz [käme] der alte Friedhof in Frage. Für das Denkmal [seien] rund 30 - 40.000 M. in Ansatz gebracht. Es [sei] besonders darauf zu achten, daß für ca. 100 - 110 Namen genügend Platz vorhanden [sei]". Ferner beschloß der Ausschuß, die eingereichten Entwürfe dem "Lippischen Bund für Heimatschutz und Heimatpflege" zur Begutachtung" vorlegen zu lassen. Ansprechpartner beim "Lippischen Bund Heimatschutz" war "Landgerichtsrat Dr. Ebert, Detmold". Am 25.2.1922 stimmte der Denkmalausschuß ferner zu, daß wie vom "Bund für Heimatschutz" gewünscht, von diesem die Entwürfe dem "Sachverständigen der preußischen Zentralstelle für Kriegerehrung" zur Begutachtung vorgelegt werden. Dieser preußische Sachverständige ist heute noch als "Erfinder" der "Weserrenaissance" bekannt: Dipl.-Ingenieur Max Sonnen aus Paderborn. Großen Bekanntheitsgrad erreichte seine Monografie "Die Weserrenaissance", 1918 in Münster erschienen.





Dieser Denkmalsentwurf "Kriegskameraden" von dem Bildhauer
Bernhard Josef Waterbeck (gestorben 1940) ist
Horn erspart geblieben. Es sollte die stolzen Maße von
4 m Höhe, 5,30 m Länge und 2,75 m Breite aufweisen.

Dann kam der Tag der Entscheidung, die Sitzung des erweiterten Denkmal-Ausschusses vom 4.4.1922 im Gasthof Vialon, bei der auch Max Sonnen und Landgerichtsrat Dr. Ebert für den "Bund Heimatschutz" anwesend waren. Sonnen sprach " in längeren Ausführungen über die Entwürfe." Dann, nach einer "11/2 stündigen Beratung wurde beschlossen, von den vorliegenden Entwürfen keinen zur Ausführung zu bestimmen." Das war aber nicht die eigentliche Überraschung des abends, sonder die dann folgende Selbstentmachtung des Ausschußes. Auf Antrag vom Vertreter des Verkehrsvereins Tille und die Annahme des Antrags durch den Ausschuß, war nun wieder Robert Henkel auf der Bühne; wir erinnern uns, einer der abgelehnten Künstler und der Ausschuß außen vor. Robert Henkel sollte laut einstimmig angenommenen Antrag "ersucht werden, in Ideengemeinschaft mit Herrn Dipl.-Ing. Sonnen den Entwurf eines passenden Denkmals ausarbeiten und das Denkmal selbst künstlerisch auszuführen. Über das von Herrn Henkel zu wählende Steinmaterial soll er sich mit Herrn Sonnen verständigen," Und wenn der Coup nicht schon für den Abend ausgereichte hätte, erschien nun, wie Kai aus der Kiste, Robert Henkel höchstpersönlich vor dem Ausschuß. Er sei "inzwischen herbeigerufen" worden und "erklärte sich ... einverstanden." Max Sonnen "erklärte sich bereit, bei Ausführung der gärtnerischen Anlagen beratend zur Seite zu stehen".
Henkel und Sonnen haben dann wohl kräftig zugelangt, denn der Ausschuß ließ einen "Flyer" verteilen, um weitere Spendengelder zu generieren. Der Text gibt nebenbei dem Soldatentod der Mitbürger einen zu der Zeit weitverbreiteten und akzeptierten Sinn:

"An die Einwohnerschaft der Stad Horn.
Mitbürgerinnen u. Mitbürger!! [sic]
Durch verschiedene unvorhergesehene Umstände hat sich der Bau eines Denkmals für die gefallenen Söhne unserer Stadt sehr verzögert, - Der Entwurf des Denkmals ist nun fertig gestellt. Die Anlage, wie sie ausgeführt werden soll, ist von unserm Mitbürger Herrn Robert Henkel entworfen und im Schaufenster des Herrn Kaufmann Detert zu besichtigen. - Zur Errichtung des Ehrenmals benötigen wir aber außer den bereits gespendeten Beträgen ferner mindestens 30 000 M. Wir sind daher nochmals gezwungen, uns an die Opferwilligkeit unserer Mitbürger zu wenden, um durch Zeichnung namhafter Beträge die Vollendung des Denkmals zu ermöglichen. Mitbürger! Jeder denke nochmals zurück an die schweren Sorgen der Kriegszeiten und in einer stillen Stunde an die Angehörigen, Verwandten und Freunde, die draußen geblieben sind. Bedenkt, daß sie es waren, die für die Freiheit und den Schutz der Heimat in den Tod gegangen sind und daß sie ihr Letztes hergegeben haben, Euch Euren Besitz ungeschmälert und unverwüstet zu erhalten. ...
Gebe Jeder nach seinen Kräften!
Wenn die kleinen Dörfer der Umgebung ohne Schwierigkeiten für ihre Denkmäler die nötigen Summen zusammen bekamen, so dürfte es für die Bewohner der Stadt Horn nicht allzu schwer sein, die erforderliche Summe aufzubringen. Wir geben uns auch der Hoffnung hin, daß die finaziell stärksten Kreise der Bevölkerung aus ihrer leider bisher vielfach geübten Zurückhaltung heraustreten und mit frohem Herzen freudig ihr Scherflein hergeben.
Sorgt Alle dafür, daß den Toten ein Denkmal werde, würdig ihrer Taten, und daß dieses Denkmal Zeugnis ablege von dem Danke den wir und unsere Nachkommen den lieben Gefallenen schulden.
Spenden nehmen die beiden Sparkassen entgegen, auch ist nochmals eine Haussammlung beabsichtigt. Für diesen Zweck richten wir an die Damen unserer Stadt die herzliche Bitte, sich dem Ausschuß zur Verfügung zu stellen. Auch benötigen wir für die erforderlichen Erdarbeiten freiwillige Hilfskräfte.
Meldungen hierfür erbitten wir an Herrn Kaufmann Carl Capelle.
Der Ausschuß zur Errichtung eines Denkmals für die im Kriege Gefallenen."

Dem Denkmal ist, einem viel geübten Gebrauch folgend, wahrscheinlich (es liegt eine Kopie vor) folgender Text beigegeben (vielleicht auch vorgetragen) worden:

"Horn (Lippe), 8. Dezember 1922.
Krieger-Denkmal Horn.
Dieses Denkmal ist errichtet im Jahre 1922 zum Andenken an die im Weltkriege 1914/18 gefallenen Söhne der Stadt Horn. Die Einweihung soll jetzt im Monat Dezember 1922 erfolgen. Der Entwurf und die Ausführung der Bildhauer-Arbeiten sind ein Werk unsers hiesigen Künstlers, Bildhauers Robert Henkel, Mittelstr. No. 6. Das Denkmal selbst ist im Steinbruch Velmerstot angefertigt, (Pächter Herr J. Becker) und unter Leitung des Steinmetzen H. Faulstich, Leopoldsthal, an der jetzigen Stelle (alter Friedhof) aufgestellt.
Die Gesamtkosten des Denkmals haben etwa 200.000,- Papiermark betragen, die dem Betrage von rund 300 Goldmark im Jahre 1914 entsprechen. Die Summe ist gemäß Beschluß der Stadtvertretung von der Stadt zu bezahlen, abzüglich ca. 50.000,-, die durch freiwillige Gaben gespendet wurden. Mancher gab hierzu freudig sein Scherflein, aber auch Mancher mit irdischen Gütern Gesegnete gab nicht seinem Vermögen entsprechend.
Die Zeiten sind ernst und unruhig. Trotz der Siege in hunderten von blutigen Schlachten ging der Endsieg Deutschland verloren. Das ausgehungerte deutsche Volk bekam aber keinen Frieden und die Revolution 1918 verbesserte die Lage sicherlich nicht. Statt des Ende mit Schrecken währt auch jetzt noch der Schrecken ohne Ende. Die urdeutschen Rheinlande sind dank dem Schandfrieden von Versailles schon 4 Jahre von Franzosen, Belgiern, Amerikanern und Negern [sic!!] besetzt. Deutschland ist recht- und machtlos. Aller Kolonien beraubt, die Handelsflotte, die Flugzeuge, alle Waffen ausgeliefert, auf allen Goldwerten die habgierige Faust eines rach- und raubsüchtigen Feindes ist das deutsche Volk dem Elend und einer unerhörten Teuerung preisgegeben. Es kosten ein Zentner Weizen 16.000,- M., ein 7 pfündiges Brot 1100 M., ein Pfund Wurst 700 M, ein Herrenanzug 100.000 M., ein mittleres Schlafzimmer (nur die Möbel) 1.000.000 M., ein fm. Buchennutzholz 130.000 M. usw. Gold und Silbergeld ist aus dem Verkehr verschwunden. Zur Behebung der Zahlungsschwierigkeiten druckt man Papiergeld in Masse.
Die Stadt Horn hat heute (8.12.22) rund 2300 Einwohner, davon sind 9/10 ev. ref. Konfession. Und wenn auch in den Großstädten die Not erheblich größer sein mag, hat auch hier das Leben seinen größten Reiz verloren. In Parteien geschieden, die einander in der unsinnigsten Weise bekämpfen, durch immer wieder künstlich geschürten Klassenkampf verhetzt, bietet das deutsche Volk ein trauriges Bild. Aber wir haben trotzdem die Hoffnung, daß auch mal wieder das Wort "Einigkeit macht stark" sich durchsetzt und daß dann Deutschland gekräftigt sich seiner auswärtigen Feinde erwehrt, denn noch nie ward Deutschland überwunden, wenn es einig war.

Der engere Ausschuß zur Errichtung eines Denkmals für die im Kriege Gefallenen.
I.A."

Nach der Denkmalseinweihung am 27.5.1923, diesen Eindruck vermitteln jedenfalls die Quellen, wurde es ruhig um das Denkmal, bis schriftliche Beschwerden sich über den Zustand des Denkmals beschwerten, "es sei in schlechtem Zustand" und die Namen seien "kaum noch zu lesen." Dieser Streit soll hier nicht weiter verfolgt werden, bis auf Hinweis auf die bemerkenswerte Tatsache, daß sich unter den Beschwerdeführern 1932 der Reichswehrminister Wilhelm Groener befand.

(Quelle: Kommunalarchiv Lippe K 7 837 Bd.2 / K 7 Stadt Horn 1279 / K 7 Horn 848 / K 7 Horn Nr. 1283)
Weitere Informationen zu Robert Henckel hier.